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Erika Uggowitzer

Querflöte

Erika Uggowitzer wurde 1967 in Güssing (Österreich) geboren. Nach Blockflöte und Akkordeon begann sie mit 12 Jahren, Querflöte zu spielen. Sie studierte Konzertfach und Instrumentalpädgogik an der Musikhochschule in Graz. Seit 1995 unterrichtet sie an der Ulrich-von-Liechtenstein-Musikschule in Judenburg. Sie ist Autorin der Flötenschule »querflötenmusik« nach der GANZ in der Musik®-Methode, einem ganzheitlichen und nachhaltigen Weg der Musikvermittlung. In diesem Zusammenhang ist sie auch in der Lehrer:innenfortbildung tätig.
Nach jahrelanger intensiver Beschäftigung mit den unterschiedlichen Atemlehren gibt sie ihr Wissen und ihre Erfahrungen in Form von Atemunterricht für Bläser:innen weiter. Künstlerisch ist sie in den unterschiedlichsten Musikrichtungen zu Hause. 2023 absolvierte sie eine Ausbildung zur Ganzheitlichen Linkshänderberaterin.

Foto:  privat

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Im Interview mit Linksgespielt

20. August 2023

Wie beschreibst du deine Händigkeit?

Ich bin nach einer Rückschulung wieder Linkshänderin.
Meine Mutter erzählte mir, dass ich zu Beginn der Schulzeit (und ich nehme an, auch schon vorher) beim Schreiben und Malen beide Hände abwechselnd benutzte. Sie riet mir,  mich auf die rechte Hand zu spezialisieren – es schien für mich ja egal zu sein – und achtete von da an darauf, dass ich nur noch mit rechts schrieb.

Dieser Erzählung meiner Mutter hatte ich nie eine besondere Bedeutung beigemessen.
Als ich vor etwa eineinhalb Jahren wegen eines linkshändigen Querflötenschülers begann, mich mit dem Thema Händigkeit auseinanderzusetzen und im Zuge dessen das Buch »Der umgeschulte Linkshänder« von Barbara Sattler las, fiel sie mir wieder ein und ich vermutete, dass ich eigentlich Linkshänderin war.
Um ganz sicher zu gehen, machte ich einen Händigkeitstest bei Andrea Schwarz in Wien. Das Ergebnis war eindeutig und für mich war sofort klar, dass ich wieder mit links schreiben wollte.


Wann hast du dein Instrument auf links umgelernt und weshalb?

Ich habe im Zuge meiner pädagogisch motivierten Recherchen natürlich auch das Buch von Walter Mengler »Musizieren mit links« gelesen und mich danach weiter zu diesem Thema informiert. Ich fand heraus, dass es mittlerweile einfach ist, zu einer Links-Querflöte zu kommen. Ich landete auch auf »linksgespielt.de« und las Maria Holzeis-Augustins Geschichte. Ich setzte mich mit ihr in Verbindung und wir hatten ein sehr inspirierendes Telefongespräch, nach dem mir endgültig klar war, dass ich nach dem Schreiben auch das Flötespielen mit links angehen wollte.


Bitte erzähle uns mehr über deine Herangehensweise und den Umlernprozess.

Als ich mit dem Linksspielen anfing, war ich sehr motiviert und glaubte, dass das Umlernen ganz schnell gehen würde. Bald merkte ich jedoch, dass ich meinem Körper Zeit geben musste. Meine Muskeln waren die neue Haltung nicht gewohnt. Ich ignorierte in meiner Euphorie die Ermüdungserscheinungen – die damals nach ein paar Minuten eintraten – und spielte weiter. Das tat meinem Bewegungsapparat nicht gut und ich bekam massive Rückenprobleme.
Also schraubte ich mein Übepensum auf kleine Einheiten zurück und achtete von da an penibelst auf meine Körperhaltung. Ich spielte meistens beim Üben abwechselnd links und rechts. Dabei ist es in diesem Anfangsstadium sehr, sehr wichtig, den Körper jedesmal bewusst neu auszurichten. Die asymmetrische Haltung der Querflöte birgt viele Fehlerquellen. Wenn man dabei schlampig ist, kann das sehr unangenehm werden.


Was waren für dich die größten Herausforderungen am Umlernen?

Geduld zu haben und zu erkennen, dass jahrzehntelanges Rechtsspielen sich einfach im Körper manifestiert hat. Die Muskeln für die linke Seite müssen erst trainiert werden, und das braucht Zeit. Es ist sicher viel einfacher umzulernen, wenn man jünger – ich war 54 als ich meine Linksflöte bekam – oder noch ein Kind ist. Ich habe auch bemerkt, dass ein paar Tage gar nicht spielen dem Körper die Möglichkeit gibt, das Neue zu verarbeiten. Danach ist es wieder eher möglich, Fortschritte zu machen.

Dieses Neu-Kennenlernen der Flötenhaltung, bei der rechtsherum schon längst vieles von selbst und unterbewusst passiert, war für mich ein Schlüsselerlebnis: mir wurde klar, wie es sich anfühlt, Flötenanfänger:in zu sein, wie schwierig Griffverbindungen zu bewerkstelligen sind, wenn die Haltung nicht stimmig ist. Es dauerte richtig lange, bis ich die nötige Balance hatte, um die Verbindung c2/d2, die ja für alle am Anfang eine Herausforderung ist, mit einem sicheren Gefühl zu spielen. Noch heute spüre ich, wie sich jeder Fehler in der Haltung der Arme und Hände in den Fingern und damit in der Geläufigkeit auswirkt.
Jetzt nach etwa eineinhalb Jahren stelle ich fest, dass ich immer mehr beim Linksspielen ankomme.


Hattest du dabei Unterstützung bzw. konntest dich mit anderen Linksspielenden oder Umlernenden austauschen?

Wie gesagt, ich habe Kontakt mit Maria Holzeis-Augustin. Die Gespräche mit ihr sind immer wieder ein wertvoller Input für mich – sie hat mittlerweile ja nicht nur Erfahrungen mit sich selbst sondern auch im Unterricht mit Linksspielenden.
Unterstützung bekam ich auch von meinem Mann Manfred Uggowitzer, der selbst auch Musiker und Direktor einer Musikschule ist. Ich kenne sonst leider noch keine linksspielenden Musiker:innen persönlich. Wenn ich mit Kolleg:innen über das Thema spreche, reicht das Spektrum der Reaktionen von Unverständnis über Skepsis (»Wie sieht das denn im Orchester aus?« …) bis zu interessiertem Nachfragen.


In welchem Kontext spielst du heute noch rechtsrum?

Ich spiele wie schon erwähnt beim Üben abwechselnd beide Flöten. Nachdem die Entwicklung ja eine langsame ist, muss ich rechtsrum für Auftritte fit bleiben.
Das Faszinierende für mich ist, dass, wenn ich etwas kurz mit links übe und dann auf die rechte Flöte wechsle, fühlt sich das an, als hätte ich das Stück schon mindestens eine Stunde geübt. Das Linksspielen beschleunigt also meinen Übeerfolg auf der Rechtsflöte.
Im Musikschulbereich im Unterricht und bei Auftritten mit meinen Schüler:innen spiele ich fast ausschließlich auf der Linksflöte. Beim Unterrichten hat das eindeutig Vorteile, weil die Kinder Dinge, die ich ihnen vormache, durch die Spiegelung ganz einfach nachvollziehen können.


Inwiefern fühlen sich die beiden Spielrichtungen unterschiedlich an?

Die ersten Töne auf meiner Linksflöte fühlten sich gleich sehr gut an. Ich spielte bis zum tiefsten Ton, dem c1, und war überrascht: ich hatte auf der Rechtsflöte lange Probleme mit der Tiefe gehabt, die untersten Töne hatten sich immer viel tiefer angefühlt. Jetzt dachte ich: »Was, das ist alles? Da muss es doch noch tiefer gehen!«
Die Flöte fühlt sich auf der linken Seite auch leichter an. Ich erinnere mich, dass meine Lehrer:innen immer wieder bemängelten, wenn ich meinen rechten Arm zu sehr absinken ließ. Bei der Linksflöte muss ich eher darauf achten, dass ich sie nicht zu hoch halte.
Den Flötenklang am linken Ohr zu haben, das ist auch etwas, was von Anfang an guttat. Es war bei mir früher immer so, dass ich nach einem Unterrichtsnachmittag keine Flötentöne mehr hören mochte. Jetzt freue ich mich meistens darauf, am Abend noch zu üben.

Ein anderes Thema, bei dem ich sehr lange gebraucht habe, bis ich eine Lösung für mich gefunden habe, ist die Atmung beim Flötespielen. Ich habe den Eindruck, dass bei der Ausrichtung nach links auch das viel organischer und selbstverständlicher funktioniert.
Das Linksspielen tut mir einfach gut, so wie auch das Schreiben mit links seine positiven Effekte hat. Es ist ein Stärken der dominanten Seite und wenn ich die Entwicklung der letzten eineinhalb Jahre betrachte, so fällt mir auf, dass ich mehr Energie habe, strukturierter denke, selbstsicherer bin.


Woher hast du deine linken Instrumente?

Ich begann meine Umschulung mit einem Schülerinstrument von Viento. Mittlerweile besitze ich eine für mich angefertigte Silberflöte aus der Böhmflötenmanufaktur Mehnert.


Welche kuriosen Erlebnisse hattest du schon mit deiner Spielweise?

Den allermeisten meiner Schüler:innen fiel nichts auf, als ich zum ersten Mal im Unterricht auf der Linksflöte spielte.

 

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